Eine der ersten Rezensionen zum Rock-Lexikon erschien im Dezember 1973 in der Wochenzeitung DIE ZEIT. Autor Franz Schöler bekam fast eine ganze Seite zur Verfügung gestellt, um das Buch vorzustellen.
Hinweis: DIE ZEIT hat ihrer früheren Beiträge durch eine Texterkennungssoftware laufen lassen und stellt die Ergebnisse im kostenpflichtigen Z+-Bereich online zur Verfügung. Die Ergebnisse der automatischen Texterkennung sind teilweise ungenügend. Für die Dokumentation auf dieser Webseite wurde aus dem Mikrofilm der Originaltext neu erfasst.
Der Beitrag von Franz Schöler erschien in Ausgabe 50/1973 (7.12.1973) auf Seite 28 im Ressort „Literatur“. Er trug die Hauptüberschrift Alles über Rock’n’Roll. Die Kopfzeile lautete Brauchbar für junge und nicht mehr ganz junge Fans. Die Subline war: Siegfried Schmidt-Joos und Barry Graves: „Rock-Lexikon“. Von Franz Schöler
Im folgenden wird der Fließtext des Artikels dokumentiert und kommentiert. Er umschloss ein Foto, das einen springende Rockmusiker zeigte. Die Bildunterschrift lautete: »Weltbekannt, doch noch wenig Lexikon-Ruhm: Die englische Rock-Gruppe „The Who“. Hier der Gitarrist und Bandleader Pete Townshend in Aktion«
Eine lexikalische Bestandsaufnahme der Ware, die heute unter dem Begriff Rockmusik gehandelt wird, war längst überfällig. Die wenigen englischsprachigen Publikationen dieser Art — Charlie Gilletts „Rock File“, Lillian Roxons „Rock Encyclopedia“ oder Joel Whitburns „Record-Research“-Kompilationen — litten entweder an mangelhafter Detailinformation und kritikloser Faktenhuberei oder orientierten sich ausschließlich am kommerziellen Hitparaden-Erfolg. Gilletts brillante und reichhaltig dokumentierte Studie „The Sound of the City — The Rise of Rock and Roll“, 1970 zuerst in den USA veröffentlicht, wendet sich wegen ihres trocken akademischen Insider-Vokabulars von vornherein nur an Spezialisten und historisch Interessierte.
Daß es bisher kein brauchbares, auch für den Laien oder den interessierten Fan nützliches Nachschlagewerk über Rockmusik gab, hat mehrere Gründe. Erstens gibt es keinen sakrosankten Kanon von Erzheiligen des Rock der letzten zwanzig Jahre, auf den sich Kritiker und Plattenkäufer auch nur annähernd geeinigt hätten. Subjektive Vorlieben, Legendenbildungen, Zufallserfolge spiel(t)en hier mehr als in jeder anderen Sparte der populären Unterhaltungsmusik eine entscheidende Rolle. Das liegt nicht einmal daran, daß man Chuck Berry auf Kosten von Elvis Presley, Jerry Lee Lewis, Little Richard oder einen der Everly Brothers für den erfinderischsten, vielseitigsten, originellsten und bedeutendsten Rock ’n‘ Roller der fünfziger Jahre halten kann, sondern schlicht an dem Umstand, daß Rundfunk, Presse und Fernsehen ins Verbund mit den Promotion-Kampagnen der Plattenfirmen den Geschmack des Käufers nachhaltig manipulieren. Nur in den seltensten Fällen wird Kritikfähigkeit gefordert oder gar gefördert. Elvis Presleys Karriere ist dafür immer noch das schlagendste Beispiel.
Noch wichtiger erscheint mir die Tatsache, daß das typische feeling sowohl der archaischen als auch der sogenannten „progressiven“ Formen von Rockmusik gerade ihr vor- oder nichtverbales Moment der Kommunikation ist. Elektronische E-Musik kann man bis zu einem gewissen Grad beschreiben, weil sie viel intellektueller konzipiert ist als zum Beispiel die Volksmusik namens Blues. Die Jazzkritik hat eins Fachvokabular entwickelt, das die Musik auf den Begriff zu bringen versucht und sie dabei manchmal zu verdinglichen droht. Aber allen Entwicklungen seit Little Richards „Tutti Frutti“ zum Trotz ist es eine Eigentümlichkeit der Rockmusik geblieben, daß sich ihr Erlebnis hartnäckig der Begrifflichkeit entzieht. Darin liegt unter anderem auch das Moment der romantischen Rebellion, die man seit 1967 als Milliarden-Dollar-Industrie verkaufen konnte. Warum aber das Gitarren-Intro zu „I Can’t Get No (Satisfaction)“ der Stones Millionen von Teenagern elektrisierte und warum noch 1973 Tausende von Konzertbesuchern begeistert mitsingen, wenn die Who ihre Hymne „My Generation“ intonieren, kann man wohl gescheit erklären, aber nicht definitiv begründen.
Diese und viele andere Schwierigkeiten in der kritischen Reflexion der Rockmusik und ihrer rund zwanzigjährigen Geschichte erläutert plausibel und informativ das Vorwort zu —
Siegfried Schmidt-Joos und Barry Graves: „Rock-Lexikon“; rororo 6177; Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek, 1973; 352 S., 7,80 DM.
Schmidt-Joos verweist auf die intensive Verflechtung von musikalischen, soziologisch, kultur-historisch und kommerziell bedingten Aspekten des Rock. Er überanstrengt keinen Originalitätsbegriff, sondern schildert in anschaulicher Essayform die Stile, Personen, Traditionen, Entwicklungen und die wirtschaftliche Bedeutung dieses „Akkulturationsprodukts“, für das auch er keine deduktiv beschreibende oder induktive Definition geben mag. Sein historischer Abriß verdeutlicht, warum die musikalische Ausdrucksform von Proletarierkindern wie Carl Perkins (einem Slum-Zögling), von Elvis Presley (einem nicht unbedingt intelligenten Lkw-Fahrer) oder von Chuck Berry (einem pomadigen Friseur) in den sechziger Jahren so bereitwillig von musikbegeisterten Lehrlingen und Kindern des unteren und mittleren Bürgertums über Großbritannien in die USA zurückimportiert wurde. Rock ’n‘ Roll war zwar nicht, wie er behauptet, in den fünfziger Jahren ,,zunächst eine rein proletarische Musik“, weil sie sofort auch die Highschool- und College-Jugend erreichte, die sich mit ihren Rock-Idolen identifizierte und später in der Form des Twist auch die High Snobiety ansprach; aber die Ursprünge aus Blues, Country Music und Rhythm & Blues lassen solche soziologischen Parallelen zu.
Wie wichtig von jeher außermusikalische Aspekte für Entstehen und Weiterentwicklung der Rockmusik waren, belegt Schmidt-Joos am Beispiel des Streits zwischen der bis 1940 allmächtigen Musikverleger-Vereinigung „American Society of Composers, Authors and Publishers“ (ASCAP) und den von ihr abhängigen Rundfunkstationen der Vereinigten Staaten, die ausschließlich ASCAP-Kompositionen spielen durften. Als die ASCAP 1940 höhere Tantiemen forderte, streikten die Sender und suchten im ganzen Land nicht-lizenzierte Interpreten, Gruppen und Orchester, mit deren Hilfe sie das ASCAP-Monopol ein für allemal durchbrachen. Bei ihrer Suche stießen sie nämlich auf jene schwarzen, meist rassisch verfemten Musiker, deren „race records“ plötzlich die weißen Kinder erstmals zu hören bekamen, aber auch auf jene Hunderte von regional beliebten Country-Sängern, die den jazz-, swing- und schnulzengewohnten Radiohörern in den zwanziger und dreißiger Jahren als zu sehr „hillbilly“, zu hinterwäldlerisch galten, fortan aber bis zur Mitte der fünfziger Jahre ungemein populär wurden. Diese Musiker formierten sich als wirtschaftliche Macht in der „Broadcast Music Incorporated“ (BMI), und die Vermischung der beiden volkstümlichen Stile wurde unter dem Sammelbegriff Rock ’n‘ Roll weltweit bekannt.
In der Einleitung widerspricht Schmidt-Joos auch der vielfach kolportierten Legende, „Rock sei jemals etwas anderes gewesen als kommerzielle Musik“. In manchen Ohren wird es wie Blasphemie klingen, wenn er schreibt: „Gewiß, in ihren besten musikalischen und textlichen Äußerungen eignet ihr mentalitäts- und bewußtseinsverändernde Kraft; ins kapitalistische Wirtschaftssystem jedoch hat sie sich vom ersten Tag an widerspruchslos eingefügt.“ Diese Sätze sind in ihrer Apodiktik sicher falsch, weil Rockmusik auch als ein kommerziell verwertetes Produkt ständig aus dem konfliktgeladenen Widerspruch lebt. (Bescheidene Rückfrage: Wie kapitalistisch, sozialistisch, kommerziell oder den Kommerz torpedierend sind der Blues oder der Jazz gewesen?) Aber eine Studie über diese Konflikte, die man durchaus mit Beispielen belegen kann, hätte den Rahmen der Einleitung gesprengt.
Der 280 Seiten lange lexikographische Teil bietet den bisher umfangreichsten und brauchbarsten Überblick über Rockgruppen und -sänger, -produzenten und -komponisten, der in irgendeiner Sprache erhältlich ist. Daß er gerade von deutschen Autoren mit der notorischen Gründlichkeit recherchiert wurde, mag komisch klingen für ein Land, dessen Musiker allen Zweckgerüchten vom „Krautrock“ und „Deutschrock“ zum Trotz kaum jemals das musikalische Erbe des Rock ’n‘ Roll begriffen haben. In Verbindung mit dem Sachwortverzeichnis und dem Register bilden die einzelnen Gruppen- und Sängerporträts über die bloß lexikalische, stilistische, biographische und musikhistorisch wertende Information hinaus auch einen historischen Abriß der Rockmusik, wie ihn bisher nur Charlie Gillett geschrieben hat. Als Nachschlagewerk ist dies weniger nach analytischer als nach heuristisch-positivistischer Methode arbeitende „Rock-Lexikon“ für Fans, Spezialisten und Laien gleichermaßen von unübertroffenem Nutzwert.
Leider erleichtert es kaum die Qual der Wahl im Plattenladen, weil die Platten in den Diskographien wertungs- und unterschiedslos aufgeführt sind. Damit haben die Autoren sich der Chance begeben, durch ein simples Zeichensystem Qualitätsunterschiede zu markieren, die wichtigsten oder epochemachenden Platten der einzelnen Gruppen hervorzuheben und dadurch indirekt die musikalische Karriere einer Band abzustecken. Dem entspricht auch die Neigung, dezidierte Subjektivität, ausdrückliches Lob und unmißverständliche Verdikte einer neutralen Sachlichkeit zu opfern, die durch ausgesuchte Zitate kompetenter oder prominenter Autoren noch untermauert werden soll. Etwas weniger Enzyklopädismus und bemühte „Ausgewogenheit“ wäre dem lesenden Rock-Fan wohl dienlicher gewesen.
Bei allem Lob, das diesem Nachschlagewerk gebührt, kann man eine Reihe von Versäumnissen nicht verschweigen. Dazu zählt einmal die unzureichende Darstellung des Teenybopper-Pop der fünfziger Jahre, der soziologisch wie kommerziell mindestens dieselbe Bedeutung wie die berühmten und heute noch gefeierten Rock-Originale jenes Jahrzehnts hatte und der heute Millionen von wirklichen Oldies-Freaks in Sammlerwonnen erschauern läßt; aber auch die Tatsache, daß einer Gruppe wie Tangerine Dream doppelt soviel Platz eingeräumt wird wie den Who! Im Lexikonteil fehlen so wichtige Bands wie die Flamin‘ Groovies (Sah Franziskos einzige überragende Hard-Rock-Gruppe), die Blue Cheer (erste Vertreter des wüsten Amphetamin-Blues/Rock) und Gene Vincent & The Bluecaps, die nun mal nicht bloße Elvis-Imitatoren waren. Wer etwas über Amon Düül II erfahren möchte, wird zwei Spalten lang informiert, aber über San Franziskos legendäre Charlatans, über den genialen Neo-Rock-’n‘-Roller Dave Edmunds oder die hervorragenden Reggae-Sänger Johnny Nash und Jimmy Cliff schweigt das Lexikon genauso beharrlich wie über Stealers Wheel, den Rhythm-&-Blues-Stilisten J. J. Cale und die neben Cpt. Beefhearts Magic Band derzeit beste aller amerikanischen Gruppen, nämlich Little Feat. Diese Band hat immerhin drei LPs eingespielt, die nachweislich den Stil der Stones auf „Exile On Main St.“ sehr stark beeinflußt haben. Aber da sie bei uns nur in geringen Stückzahlen importiert wurden, tauchen sie hier nicht auf. Zu Ergänzungen und Korrekturen fordern die Autoren im Vorwort bescheiden selber auf. Die sollte man bei der nächsten Auflage unbedingt berücksichtigen. Daß sogar in den Diskographien der Beatles, Stones und von Dylans sachliche Fehler enthalten sind oder Unterlassungssünden begangen wurden, während weniger bedeutende Gruppen komplett dokumentiert sind, hätte man vermeiden sollen.
Bei der nächsten Auflage sollte sich der Verlag, der den Umfang aus Gründen der Kalkulation etwas zu rigoros beschränkte, dazu durchringen, neben der nötigen Aktualisierung auch einige Dutzend jener Namen aufzunehmen, auf die Schmidt-Joos und Graves hier notgedrungen verzichteten. Schließlich haben die Ventures in den sechziger Jahren Legionen von Teenagern dazu animiert, zur Elektrogitarre zu greifen und ihren Stil zu kopieren. Und die Persuasions, berühmteste aller A-cappella-Vokalgruppen, haben zweifellos ebenfalls einen Platz in den Annalen der Rockmusik verdient, zumal da sie immer noch auftreten und schöne Platten veröffentlichen.
Wer die erweiterte und korrigierte Ausgabe dieses in seiner Art einzigartigen und höchst informativen „Rock-Lexikons“ lesen möchte, muß bis zum Frühjahr nächsten Jahres warten. Die erscheint dann in englischer Übersetzung im New Yorker Avon-Verlag. Meanwhile: Keep On Rockin’!
Die im letzten Absatz angekündigte englischsprachige Ausgabe des Rock-Lexikons erschien letztendlich nie. Siegfried Schmidt-Joos hat die Details in seinem Aufsatz »Wie das „Rock-Lexikon“ entstand« (hier online lesbar) dargelegt. Franz Schöler kommt wohl der „Verdienst“ zu, als erster auf fehlende Künstler und Bands im Lexikon hingewiesen zu haben. Das sollte sich bei den späteren Ausgaben zu einer Art Kritiker-Volkssport ausbreiten. Ein kleiner Fun Fact: Seine Begeisterung für die Band Little Feat und J.J. Cale scheint ungebrochen: dass diese in der kürzlich erschienenen Rolling Stone (dt. Ausgabe)-Rangliste der „Die 500 besten Alben aller Zeiten“ nicht mehr vertreten waren, hat er ebenfalls gerügt. Soviel Konsequenz nötigt dann doch Respekt ab.
Zurück zum ZEIT-Artikel von 1973. Dieser war noch nicht fertig mit dem Rock-Lexikon. Auf der Seite stand rechts unten ein Extra-Kasten mit der warnenden Überschrift Irreführung
Franz Schöler erläutert in diesem zweispaltigen Nachwort-Kasten seine Meinung zur Kooperation zwischen Verlag und Plattenfirmen, die parallel zum Rock-Lexikon die vorgestellten Alben neu veröffentlicht hatten.
Nur zu gern hat sich die kapitalkräftige Schallplattenindustrie (Umsatz 1972: über eine Milliarde Mark) bereit erklärt, das knapp kalkulierte „Rock-Lexikon“ (Startauflage 35 000) werblich und finanziell zu unterstützen, nachdem der Rowohlt Verlag seinerseits bereit war, in einem eingehefteten 32seitigen farbigen Reklameteil die Industrie für eine Reihe von „historischen“ Platten werben zu lassen. Denn hier hatte sie die Chance, alte Platten nochmals nachdrücklich ins Gespräch zu bringen, nachdem die längst enorme Profite erwirtschaftet hatten! „Zum erstenmal eine Rock-Gesamt-Dokumentation über Stil- und Firmengrenzen hinweg“ (Reklamespruch) bieten da sechs führende deutsche Schallplattenunternehmen an. Aber höchstens ein Dutzend dieser als „60 Meilenstein-LPs zum Buch“ apostrophierten Platten waren auch wirklich Meilensteine in der Geschichte und der Entwicklung der Rockmusik. Mehr als zwei Drittel der angepriesenen LPs konnte man bis jetzt — teilweise als billige Importe über Spezialgeschäfte wie die „Montanus“-Kette — zu manchmal beträchtlich reduzierten Preisen im Fachhandel erwerben. Jetzt soll man für sie wieder den vollen Ladenpreis zahlen. Die Alben werden auch nicht — entgegen den Abmachungen mit Schmidt-Joos — einheitlich für 22 Mark verkauft. Außerdem sind manche dieser angeblichen „Meilensteine“, beispielsweise die von Pink Floyd, James Taylor und Buffalo Springfield, preisgünstiger in anderen Kopplungen erhältlich.
Das alles ergibt eine Irreführung jener Käufer, die sich auf dem Markt nicht auskennen, sich aber eine Diskothek der grundlegenden und wichtigsten Rock-Platten zulegen wollen und dabei blindlings auf das hier gemachte Angebot vertrauen, weil sie zuvor die Qualität des Buches selber erkannten.
Es ist zweifellos verdienstvoll, daß Platten wie das epochale Debüt-Album der Velvet Underground oder „Pet Sounds“ von den Beach Boys, die jahrelang aus dem Katalog der Firmen gestrichen waren, wieder in der originalen Zusammenstellung erhältlich sind.
In einem Interview mit dem Fachblatt „Musikmarkt“ vom November dieses Jahres hatte Schmidt-Joos sehr treffend bemerkt: „Natürlich gibt es viel mehr wichtige Platten, die nicht in der Serie vorhanden sind.“ Offenbar wurde die Auswahl der sechzig LPs manchmal von Kompromissen diktiert, und Schmidt-Joos gibt heute zu, daß er in einigen Fällen wohl der Industrie ins Messer gerannt und verladen worden sei. Fragwürdig erscheint mir nicht nur die Auswahl mancher Platten, sondern auch die Einteilung der zwölf Kategorien, die von den „All Time Greats“ bis zum „Heavy Rock“ reichen. So wurde das Woodstock-Triple-Set unter „Soft Rock“ eingereiht, obwohl allenfalls drei der sechzehn Interpreten oder Gruppen als „Soft Rocker“ gelten können, nämlich John Sebastian, Arlo Guthrie und Crosby, Stills, Nash & Young. Eine Gruppe wie Creedence Clearwater Revival kann man nicht zum „Folk Rock“ im strengen Sinn des Begriffs zählen. Und die Who sind keinesfalls Vertreter des „Heavy Rock“, sie spielen „Hard Rock“ —wenn man ihren weitaus differenzierten Stil überhaupt so grob klassifizieren will.
Rhythm & Blues, immer das wichtigste Stilelement und neben der Country Music überhaupt die Wurzel des Rock, fehlt in dieser Zusammenstellung genauso wie der seit Dylans „John Wesley Harding“ immer populärer gewordene Country Rock.
Äußerste Skepsis ist bei dieser „Meilenstein-Diskothek“ des Rock geboten. Sie hat diese Bezeichnung kaum verdient.
Dieses spannende Zeitdokument gibt jedem Interessenten die Möglichkeit, sich ein eigenes Urteil zu bilden. Dass damals „andere Zeiten“ hinsichtlich Musikkonsum und Musikvertrieb herrschten, sollte unstrittig sein. Franz Schöler jedenfalls schreibt bis zum heutigen Tag fundierte und bei Lesern und Fachkollegen gleichsam hochgeschätzte Musik-Rezensionen in den Magazinen STEREO und Rolling Stone und kann unzweifelhaft als Kritiker-Legende bezeichnet werden. Dass es über ihn bis heute (Stand: Dezember 2023) keinen Wikipedia-Eintrag gibt, ist höchst bemerkenswert und bliebt hoffentlich nicht mehr lange so.
QUELLE: DIE ZEIT, 50/1973, S.28